Raumakustik

Raumakustik

 

Die Raumakustik ist ein Gebiet der Akustik, das sich mit der Auswirkung der baulichen Gegebenheiten eines Raumes auf die in ihm stattfindenden Schallereignisse beschäftigt.

Die Raumakustik muss sie die Eigenschaften des menschlichen Gehörs, die Besonderheiten der Sprachperzeption (Sprachwahrnehmung) sowie subjektive Hörgewohnheiten und auch die Musikästhetik mit berücksichtigen (Psychoakustik).

Der akustische Eindruck eines Raumes wird bestimmt von

  • Anteil des Direktschalls am Gesamtschall (Pegel)

  • Zeitverzögerung und Richtung von frühen Reflexionen (early reflections), sowie deren Anteil am Gesamtschall (Pegel)

  • Einsatzverzögerung und räumliche Verteilung des Nachhalls, sowie dessen Anteil am Gesamtschall (Pegel) und dessen zeitlicher Verlauf Nachhallzeit.

Die Reflexion von Schallwellen gehorcht den gleichen Gesetzen wie sie aus der Optik für die Reflexion von Licht an ebenen und gekrümmten Spiegeln bekannt sind.(Einfallswinkel=Ausfallswinkel)

Zwischen zwei parallelen Flächen kann es zu einer sog. „Stehenden Welle“ kommen. Sie kommt zu Stande, wenn sich eine senkrecht auftreffende Schallwelle immer wieder mir ihrer eigenen Reflexion überlagert. Dadurch kann es zu Verstärkung bzw. Auslöschung kommen. Als Voraussetzung für die Entstehung einer stehenden Welle muss der Abstand zwischen den Flächen eine halbe Wellenlänge oder ein Vielfaches davon sein. Stehende Wellen treten in der Praxis häufig in kleinen Räumen auf.

Aufgabe der Raumakustik ist es, diese Größen durch Raumgestaltung so zu beeinflussen, dass die akustischen Eigenschaften des Raumes möglichst gut zu seinem Bestimmungszweck passen.
Ziele raumakustischen Designs können sein:

  • Möglichst kein Einfluss des Raumes bei Tonstudios. Das heißt der Raum sollte möglichst reflexionsarm sein, so dass der aufgenommene Klang nur von Direktschall bestimmt wird und der akustische Charakter des Aufnahmeraums möglichst keinen Einfluss auf die Aufnahme bekommt.

  • Möglichst hohe Sprachverständlichkeit bei Unterrichtsräumen, Vorlesungssälen und Theatern. Das heißt: Der Anteil des Direktschalls sollte hoch sein. Frühe Reflexionen sollten mit relativ geringer Einsatzverzögerung vor allem aus der Richtung des Sprechers kommen, um die Lautstärke des Sprechers anzuheben und die Lokalisation des Sprechers zu unterstützen. Der Nachhall sollte ebenfalls früh einsetzen, aber relativ schnell wieder abklingen (Nachhallzeit < 1 Sekunde), damit auch er die Lautstärke des Sprechers anhebt, ohne die Sprachverständlichkeit zu mindern.

  • Ein möglichst räumliches Musikerlebnis bei Konzertsälen. Das heißt: Der Anteil des Direktschalls sollte gegenüber den Refelxionen ausgewogen sein, groß genug, um die Musik noch klar und transparent wahrzunehmen, aber nicht zu groß, um den räumlichen Eindruck nicht zu mindern. Die frühen Reflexionen sollten einen hohen Anteil am Gesamtschall haben und möglichst gut richtungsmäßig verteilt sein, damit ein möglichst räumlicher Eindruck entsteht. Der Nachhall sollte räumlich gut verteilt sein, einen merklichen Anteil am Gesamtschall haben und nicht zu kurz sein, um den Hörer möglichst gut von der Musik zu umhüllen (Nachhallzeiten 1,5 bis 2 Sekunden).

Da die raumakustischen Eigenschaften für unterschiedliche Anwendungsfälle praktisch nicht vereinbar sind, ist es kaum möglich, einen Universalraum zu schaffen, der gute Sprachverständlichkeit und ein gutes räumliches Musikerlebnis vereint. Ist dieses trotzdem gefordert, muss entweder der Raum je nach Anwendungsfall umgestaltet werden (z. B. Aufziehen von schweren Vorhängen im Konzertsaal bei Sprachdarbietung, Schaffen zusätzlicher Reflexionsflächen im Vortragssaal bei Musikdarbietung), oder die Räume müssen elektroakustisch beschallt werden (z. B. Verteilen von Lautsprechern im Vortragssaal, die über entsprechende Effektgeräte angesteuert werden und so Wandhall und Nachhall simulieren).

Die bekannteste Kenngröße der Raumakustik ist die Nachhallzeit als die Zeitspanne in welcher der Schalldruckpegel eines Schallereignisses in einem Raum um 60 dB, also auf den tausendsten Teil des Anfangsschalldrucks abgenommen hat. Die Nachhallzeit wird im Allgemeinen in Oktavbändern oder in Terzbändern bestimmt. Wird nur ein Nachhallzeitwert angegeben, dann handelt es sich um die Nachhallzeit bei 1000 Hz oder bei 500 Hz.

Ziel der Raumakustik ist es, einen Raum möglichst gut auf seinen Bestimmungszweck und das bestehende Kommunikationsszenarium abzustimmen.

Zur Gestaltung der Raumakustik von Räumen mit höheren Anforderungen ist jedoch mehr als nur die Betrachtung der Nachhallzeit notwendig. Die Akustische Qualität eines Raumes bezüglich Sprachverständlichkeit bezeichnet man als Hörsamkeit. Zur Bestimmung der Hörsamkeit gibt es genormte Silbenverständlichkeitstests.

In Tonstudios werden heute sehr oft sogenannte Faltunghalls verwendet. Der Faltungshall ist ein akustischer Hall-Effekt, der mit Hilfe der Faltung Abbilder real existierender Räume per Computersystem auf Audiosignale errechnet.

Im Gegensatz zum synthetischen Hall, der durch künstlich erzeugte Reflexionen bestimmte Raumtypen nachbildet, hat der Faltungshall eine Probe eines akustischen Raumes als Grundlage. Durch Erzeugen eines Geräusches kann der individuelle Nachhall jedes beliebigen Raumes als Impulsantwort mit einem Stereomikrofon aufgenommen werden. Es ergibt sich ein typischer Signalverlauf, der auch als „Fingerabdruck“ des individuellen Raumklanges bezeichnet wird. Mit diesem individuellen Raumklang kann dann jedes Audiosignal versehen werden. Dieses trockene Audiosignal soll theoretisch dann so klingen, als wäre das Ereignis in dem entsprechenden Raum passiert. Praktisch klingt es bei akustischen Signalen jedoch nicht genauso. Die Hörperspektive entspricht der Mikrofonposition (Stereomikrofonie) bei der Impulsanwort-Aufnahme.

Ein Nachteil ist, dass VST-basierte Plugins sehr viel CPU-Leistung brauchen. Zudem sind Impulsantworten starr und oft nicht editierbar (z. B. Position im Raum).