Mikrofone 2 Richtcharakteristiken

Richtcharakteristik

In der Mikrofontechnik beschreibt die Richtcharakteristik in Form eines Polardiagramms die Empfindlickeit eines Mikrofons, also die Ausgangsspannung im Verhältnis zum Schalldruck, in Abhängigkeit vom Schalleinfallswinkel.

Der Richtcharakter hängt ab von der akustischen Bauform der Mikrofonkapsel und von äußeren Formelementen (z. B. Richtrohrmikrofon). Das wird durch Interferenzen verursacht, da der Schall bei ausreichend hohen Frequenzen an verschiedenen Stellen je nach Einfallsrichtung des Mikrophons unterschiedliche Phasenlagen hat. Die Stärke der Richtwirkung beschreibt man mit dem Bündelungsgrad bzw. dem Bündelungsfaktor. Die Richtcharakteristik von Mikrofonen wird in reflexionsarmen Räumen im Direktfeld D gemessen. Dabei wird das Mikrofon in 1 m Abstand von einer 1-kHz-Schallquelle gedreht und dabei der Ausgangspegel des Mikrofonsignals in Abhängigkeit vom Einfallswinkel gemessen.

Die Richtwirkung ist durch charakteristische Muster gekennzeichnet:

Kugel (Kugelcharakteristik = ungerichtet)

Acht (Achtercharakteristik = Dipol, vorne und hinten gegensätzliche Polarität)

Keule(Keulencharakteristik, Richtrohr)

Ein reines Druckmikrofon besitzt keine Richtwirkung, also eine kugelförmige Richtcharakteristik (omnidirektional). Ein Druckgradientenmikrofon in seiner reinen Form (z. B. Bändchenmikrofon) liefert als Richtcharakteristik eine Acht. Die Richtcharakteristik „Keule“ wird durch das Prinzip des Interferenzrohres gewonnen (Richtrohrmikrofon).

Als standardisierte Formen zwischen Kugel- und Achtercharakteristik gibt es „breite Niere“, „Niere“, „Superniere“ und „Hyperniere“.

Aufgrund der komplexen Verhältnisse des Schallfelds weicht der reale Richtcharakter in der Praxis von diesen theoretischen Mustern individuell ab. Starke Abweichungen der Muster sind dann zu beobachten, wenn die Wellenlänge der Signalfrequenz sich im Bereich des Kapseldurchmessers bewegt. Daher sind diese Verzerrungen umso geringer, je kleiner der Membrandurchmesser ist.

Bei Druckgradientenmikrofonen, deren Richtcharakter durch akustische Laufzeitelemente oder Doppelmembranbauweise von der reinen Acht etwa zur Niere modifiziert wurde, sind die größten Abweichungen zu erwarten.

Sollen die Abweichungen von der theoretischen Richtcharakteristik auch bei hohen Frequenzen vermieden werden, darf das Mikrophon nur einen Bruchteil (weniger als die Hälfte) der Wellenlänge bei der höchsten benötigten Frequenz als Abmessungen des Schallwandlers haben. Realisiert wird dies bei Messmikrophonen mit typischerweise 6 mm Durchmesser der Kapsel. Da die aufnehmende Fläche und die aufgenommene Schallenergie quadratisch zum Durchmesser sind, führt das zu unempfindlichen Mikrophonen mit verhältnismäßig schlechtem Rauschverhalten. Mikrophone für Aufnahmeanwendungen sind daher meist größer.

Der Begriff Grenzflächenmikrofon, engl.: „boundary layer“ oder „pressure zone microphone“, bezeichnet eine Mikrofonbauform hinsichtlich ihrer akustischen Funktionsweise. Es stellt einen Sonderfall dar, weil hier der Mikrofonkörper konzeptioneller Teil der akustischen Bauform ist.

Der Mikrofonkörper ist eine Platte, auf der meistens eine Druckmikrofonkapsel membranflächenbündig eingelassen ist. Seine Richtcharakteristik ergibt somit eine Halbkugel. Die Wandler sind üblicherweise in Kondensator- oder Elektretbauweise ausgeführt. Diese Bauart wurde entwickelt, um die vorteilhaften akustischen Eigenschaften auszunutzen, die an schallreflektierenden Flächen auftreten, ohne das Schallfeld selbst zu beeinträchtigen. Das Mikrofon wird auf eine große schallreflektierende Fläche, z. B. auf den Fußboden oder einen Tisch, gelegt. Es erhält so den maximalen Schalldruck ohne Überlagerungen von Raumschallanteilen, was zu einem ausgewogenen Frequenzgang und einem akustisch guten Raumeindruck führt:

  • An schallharten Flächen treten keine störenden Reflexionen auf, da diese hier erst entstehen.

  • In Räumen werden deren Eigenresonanzen von diesem Mikrofon weniger aufgenommen; Durch die Platzierung des Mikrofons an einer Begrenzungsfläche entstehen keine klangfärbenden Kammfiltereffekte, wie sie innerhalb des Raums auftreten. Bei sich bewegenden Schallquellen ergeben sich keine Klangfarbenunterschiede.

  • Raumsignale R sind gegenüber den Direktsignalen D um 3 dB gedämpft, was eine Bevorzugung des Direktschalls

Bei einem Richtrohrmikrofon, auch Interferenzmikrofon (engl. shotgun microphone) ist der Mikrofonkörper durch ein vorgebautes Interferenzrohr ergänzt.

Ein Richtrohrmikrofon besitzt eine ausgeprägte Keulencharakteristik, die durch ein vor ein Druckgradientenmikrofon vorgebautes, mit seitlichen Schlitzen oder Bohrungen versehenes, nach vorn offenes Interferenzrohr zustande kommt. Dieses bewirkt, abhängig von der Rohrlänge, eine deutliche Verstärkung der Richtwirkung ab etwa 1 bis 2 kHz. Bei tieferen Frequenzen entspricht die Richtwirkung derjenigen der Mikrofonkapsel (Nieren- oder Supernierencharakteristik).

Als Wandler sind Kondensator- oder Elektretmikrofone üblich.